Robert Lessmann
Sachbuch. Rotpunktverlag, Zürich 2010, 256 Seiten (+ 16 S. Bildteil), € 21,50
Schon Ende der 1980er Jahre als Stipendiat der Friedrich Ebert-Stiftung in dem Andenland lernte Robert Lessmann Evo Morales kennen, damals Gewerkschaftsführer der Cocaleros, der Coca-Bauern. In seinem neuen Buch zieht Lessmann nicht nur eine Bilanz der ersten Regierungsperiode unter Präsident Evo Morales und seinem Aufbau eines neuen Staates, er berichtet auch ausführlich und anschaulich über die Geschichte des Landes und jenes andine Kulturerbe, das selbst nach Jahrhunderten des Kolonialismus für das gesellschaftliche Zusammenleben der indigenen Bevölkerungsmehrheit bestimmend blieb.
In den Wahlen von 2002 belegte die erst drei Jahre vorher gegründete MAS (Bewegung für Sozialismus) mit ihrem Präsidentschaftskandidaten Evo Morales knapp hinter Wahlsieger „Goni“ Sánchez de Lozada bereits den zweiten Platz. Dessen zweite Amtsperiode endete vorzeitig: Im Oktober 2003 wurde er durch einen Volksaufstand aus dem Land gejagt. Zwei Jahre später war dann die Zeit reif für den politischen Erdrutsch, den haushohen Wahlsieg der MAS, und damit für den ersten indigenen Präsidenten des Landes: Evo Morales.
Lessmann beschreibt die Ziele, die sich die MAS vorgenommen hat: „eine refundación, eine Neugründung Boliviens, die Wiedererlangung der nationalen Souveränität über die Rohstoffe, die Aufhebung rassistischer und sozialer Diskriminierung, die Entkriminalisierung des Kokaanbaus.“ Er beurteilt diesen Prozess trotz aller Unzulänglichkeiten grundsätzlich positiv: „Nie zuvor waren die Unterprivilegierten in einem solchen Ausmaß an der Zukunftsgestaltung beteiligt.“ Wichtige Reformen wurden, oft gegen den erbitterten Widerstand mächtiger gesellschaftlicher Sektoren, angegangen: eine neue Verfassung, die Bolivien als „plurinationalen Staat“ definiert, eine Landreform, die Nationalisierung der Erdöl- und Erdgasressourcen, eine reformierte Koka- und Drogenpolitik im Konsens mit den Kokabauern. Alles in allem, so die Bilanz des Autors, wurde der versprochene Prozess des Wandels eingeleitet, ein „radikalreformistisches emanzipatorisches Projekt“, so der Autor.
„Das neue Bolivien“ ist ein profund recherchiertes und informatives Buch, das „Evo Morales und seine demokratische Revolution“ samt ihren historischen Hintergründen besser verstehen lässt.
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